Ihr Guide zu den Unterschieden und Besonderheiten von Österreichs Weinlokalen
Der Duft von frischem Brot, ein Weißwein in der Hand und rege Konversation unter Kastanienbäumen – ein Besuch beim Heurigen oder in einer Buschenschank ist mehr als nur ein Abendessen: Es ist gelebte Tradition. Doch was macht den besonderen Reiz dieser urigen Lokale aus, warum sind sie besonders im Osten Österreichs so fest in der Kultur verankert und worin unterscheiden sie sich eigentlich? Wir verraten es Ihnen!
Was ist der Unterschied zwischen Buschenschank und Heurigem?
Bevor wir diese Frage beantworten, lohnt sich ein Blick auf die Herkunft der Begriffe, um die erste Unterscheidung zu verstehen. Das Wort „Heuriger“ leitet sich vom österreichischen „heuer“ ab, was „dieses Jahr“ bedeutet. Der Name bezieht sich darauf, dass in einem Heurigen der Wein des aktuellen Jahrgangs ausgeschenkt wird. Die Buschenschank verdankt ihren Namen jedoch dem “Buschen”, einem Bündel, meist aus Tannenreisig, das traditionell über dem Eingang hängt und anzeigt, dass “ausg´steckt is” – also, dass Gäste willkommen sind und Wein und Speisen ausgeschenkt werden. Dieser Brauch hat seine Wurzeln im Mittelalter, denn das Ausstecken von Reisig wurde bereits 1459 in einer städtischen Ordnung Wiens erwähnt. Und während dieser Zweig bei der Buschenschank unverzichtbar ist, kommt der Heurigen auch ohne aus.
Nun zu den eigentlichen Definitionen und Unterschieden:
- Art des Betriebs: Buschenschanken basieren auf Direktvermarktung, was bedeutet, dass ausschließlich Produkte aus eigener Produktion angeboten werden. Im Gegensatz dazu gelten Heurige als Gastgewerbebetriebe. Sie dürfen nicht nur den eigenen Wein ausschenken, sondern auch als Zwischenhändler für andere Winzer:innen auftreten und Speisen sowie Getränke aus dem Großhandel verkaufen – einzig der namensgebende „heurige“ Wein muss auf der Karte stehen.
- Speisen: Buschenschanken servieren ausschließlich kalte Speisen, während beim Heurigen neben kalten auch warme Gerichte aufgetischt werden.
- Öffnungszeiten: Die Buschenschank öffnet saisonal, nur für begrenzte Zeit. Der Heurigen dagegen lädt das ganze Jahr über zum Genießen ein.
- Rechtliches: Der Begriff „Buschenschank“ ist gesetzlich geschützt, während Heurige keinen derartigen Vorgaben unterliegen.
Im Alltag verschwimmen diese Unterschiede trotz der offiziellen Definitionen jedoch häufig. Viel wichtiger ist der regionale Charakter: Heurige findet man vor allem in Wien und Niederösterreich, während Buschenschanken hauptsächlich im Burgenland und der Steiermark aufzufinden sind. Natürlich findet man Heurige und Buschenschanken in allen Bundesländern Österreichs – am häufigsten begegnet man ihnen jedoch in den bereits genannten Regionen.
Derzeit laden allein in Wien etwa 100 Heurigenbetriebe zum Verweilen ein und auch in den anderen Bundesländern findet man zahllose Heurigen und Buschenschanken, die die Tradition am Leben halten. Für Winzer:innen bieten sie eine Chance, ihre Weine direkt zu präsentieren und zu verkaufen – ein wichtiger Impuls für die lokale Wirtschaft. Ob Gruppen auf der Durchreise, hungrige Radtourist:innen oder Einheimische auf der Suche nach Geselligkeit und Genuss: Sie alle steuern die Weinschenken immer wieder gerne als lohnendes Ziel an.
Welche Speisen & Getränke gibt’s bei Heurigen & Buschenschank?

Auch die Speisen und Getränke sind bei den meisten Weinschenken recht ähnlich und von regionalen Einflüssen geprägt: Meist findet man frisches Gebäck, belegte Brote, Wurst-, Fleisch-, Käse- und Aufstrichplatten und natürlich vielfältige Getränke auf der Speisekarte. Von weißem oder rotem Traubensaft im typischen Viertelglas mit Henkel über Wein – oft aus eigener Produktion – bis hin zu saisonalen Spezialitäten wie Sturm: Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei. Auch vegetarische Gerichte und Optionen für Allergiker:innen sind inzwischen häufig auf der Speisekarte zu finden.
Der erste Blick in die Karte ist besonders für Tourist:innen allerdings häufig eine Herausforderung – denn auch die Bezeichnungen für Speis und Trank folgen oft der Tradition und sind auf Österreichisch angeschrieben. Mit der folgenden Liste sind Sie allerdings bestens gerüstet und es ist auch absolut erlaubt, die Kellner:innen nach Empfehlungen zu fragen.
- Spritzer: Ein oft trockener Weißwein mit Sodawasser
- Kaiserspritzer: Spritzer mit Hollundersirup
- Sommerspritzer: Spritzer mit mehr Wasser und weniger Wein
- Sturm: Ein teilvergorener Traubensaft, der im Herbst getrunken wird
- Most: Je nach Region Traubensaft, Fruchtwein oder Fruchtsaft aus Äpfeln oder Birnen
- g´spritzt: Bestellt man ein Getränkt “g´spritzt”, wird es mit Sodawasser verdünnt
- Köllagatsch: “Kellergatsch” – ein Aufstrich aus Extrawurst, Zwiebeln, Paprika und Essiggurken
- Liptauer: Ein Streichkäse aus Speisetopfen mit Butter oder Rahm und geschmacksgebenden Zutaten wie Paprika, Zwiebel und Kümmel
- Erdäpfelkas: “Kartoffelkäse” – ein cremiger Aufstrich aus Erdäpfeln, Zwiebeln und Gewürzen.
- Vahockats: “Verhacktes” – ein Aufstrich aus klein gehacktem Speck mit etwas Schmalz
- Grammeln/Grieben: knusprige Teile vom Speck, die beim Erhitzen von Schweinefett übrig bleiben
- Gsöchts: “Geselchtes” – ein heiß geräuchertes Schweinefleisch
- Blunzn: Blutwurst (und auch eine Beleidigung)
- Beuschel: Ein Ragout aus Lungenflügeln und Herz, oft mit Semmelknödeln serviert
- Feuerfleck: Ein einfacher Fladen, traditionell mit Knoblauchrahm bestrichen
Tipp: Noch mehr österreichische Begriffe und linguistische Besonderheiten der einzelnen Bundesländer finden Sie in unserem Beitrag über die Dialekte Österreichs. Sie möchten noch mehr über das Leben und die Kultur in Österreich lernen oder Ihre Deutschkenntnisse verbessern? Am Österreich Institut bieten wir eine breite Auswahl an Deutschkursen für jedes Sprachniveau von A1 bis C2 – sowohl für Einzelpersonen und Gruppen als auch für Unternehmen. |
Was Sie in Heurigen & Buschenschanken sonst noch erwartet
Wer gemütliche Atmosphäre und regionale Spezialitäten sucht, ist in den Weinschenken Österreichs am richtigen Ort. Dunkelgrün gestrichene Tische und Bänke im Schatten der Bäume oder einer von Weinreben umrankten Laube, Ausblicke auf weitläufige Weingärten und eine entspannte Stimmung – all das und mehr ist typisch für Heurige und Buschenschanken.
Die klassischen Lokale sind allerdings bei weitem nicht die einzige Option. Weinschenken in ihrer Essenz existieren seit dem Mittelalter und das Grundprinzip einer guten Mahlzeit im Grünen besteht bis heute – doch das Angebot hat sich über die Jahre gewandelt und erweitert: Es gibt sowohl urige Weinschenken, die auf klassisch österreichischen Dekor setzen, als auch neuere Interpretationen. So findet man zum Beispiel nachhaltigen Bio-Wein und vegetarische Optionen in jahrhunderte-alten Spelunken oder regionale Hausmannskost in modernen Lokalen. Die Tradition lebt in beiden weiter. Und so hängen auch heute noch vielerorts die Buschen als Zeichen der Gastfreundschaft vor der Tür – selbst wenn der Blick ins Internet längst verrät, wann geöffnet ist.

Auch Musik ist ein wichtiger Teil von vielen Heurigen und Buschenschanken und hat seinen historischen Ursprung in Wien gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Die beiden Brüder Schrammel und zwei weitere Musikanten gründeten die “Nußdorfer”, die bald darauf als das “Schrammelquartett” bekannt wurden. Mit zwei Geigen, einer Gitarre und einer Klarinette – später einer Ziehharmonika – traten sie für bekannte Komponist:innen, den Adel und sogar bei der Weltausstellung in Chicago auf. Ihren anfänglichen Erfolg verdanken sie allerdings den Auftritten in den Weinschenken vor der Stadt – wodurch die melancholisch-heitere Schrammelmusik schnell zum Synonym für die wienerische Heurigenkultur wurde.
Heurigen-ABC: Die wichtigsten Tipps für Genießer:innen
Sie planen Ihren ersten Besuch bei einem Heurigen oder in einer Buschenschank und fragen sich, was Sie erwartet? Keine Sorge – mit diesen praktischen Tipps wird Ihr Erstbesuch garantiert zum Erfolg:
- Reservierungen: Im Sommer und frühen Herbst sind die meisten Weinschenken geöffnet und gut besucht – während es für Kleingruppen üblich ist, einfach vorbeizuschauen und unaufgefordert Platz zu nehmen, ist es für größere Runden ratsam, im Vorhinein zu reservieren. So bekommen Sie garantiert einen Platz.
- Grüßen: Besonders in kleinen Lokalen ist es wichtig, die Bedienung und andere Gäste im Vorbeigehen am Weg zum Tisch kurz zu begrüßen. Diese Freundlichkeit und familiäre Atmosphäre ist genauso Teil der Kultur wie Traubensaft und Wein.
- Art der Bedienung: Wenn Sie einen Tisch im Gastgarten oder der Stube gefunden haben, sollten Sie herausfinden, ob es sich hier um einen Heurigen mit Selbstbedienung oder Tischservice handelt. Oft muss man an der “Schank” – der Theke – bestellen. Ist jedoch Tischservice vorgesehen, steht die Bedienung oft schon bereit und bringt Speisekarten und Weinempfehlungen mit.
- Bezahlung: Dafür gilt eine einfache Regel: Alles was an der Schank bestellt wurde, ist sofort zu zahlen, alles was am Tisch bestellt wurde, wird am Ende der Mahlzeit von Kellner oder Kellnerin zusammengerechnet und auch dann bezahlt. Ein übermäßig großes Trinkgeld wird meist nicht erwartet, aber es ist höflich, den Betrag um ein paar Euro aufzurunden.
Nach all den Tipps haben Sie jetzt selbst Appetit auf regionale Spezialitäten und einen gemütlichen Heurigenbesuch bekommen? Dann werfen Sie einfach einen Blick in einen Online-Heurigenkalender – dort finden Sie schnell das nächste Lokal samt Öffnungszeiten. Wer die traditionelle Art bevorzugt, kann auch beim Wandern oder Radfahren Ausschau halten, ob auf dem Weg ein Buschen “ausg´steckt is”. So steht einem gemütlichen Abend bei gutem Wein, regionalen Spezialitäten und bester Gesellschaft nichts mehr im Wege.

Sie möchten noch mehr über Leben, Leute und Sprache in Österreich erfahren? Auf unserem Blog haben wir jede Menge weiteren Lesestoff für Sie vorbereitet, von typisch österreichischer Küche über traditionelle Kaffeespezialitäten bis hin zu unseren besten Tipps zum Deutsch lernen. Wir wünschen Spaß beim Lesen!