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Von Melange bis Einspänner: Österreichischer Kaffee im Überblick

Melange, Einspänner, Fiaker und Franziskaner – wer durch Speisekarten österreichischer Kaffeehäuser blättert, findet zahlreiche Kaffeespezialitäten und besonders Wien ist für seine Kaffeehauskultur bekannt. Aber was verbirgt sich hinter all den kreativen Namen und woher kommt diese Vielfalt? Die bekanntesten Kaffeekreationen und ihre Geschichte gibt´s hier im Überblick.

Geschichte des Kaffees in Österreich

Kaffee hat in Österreich eine lange Tradition: Bereits im Jahr 1645 wurden in den Rechnungen der kaiserlichen Hofkammer in Wien Ausgaben dafür verbucht. Einige Jahrzehnte später, als 1683 die zweite Türkenbelagerung Wiens abgebrochen werden musste, wurden 500 Säcke Kaffee zurückgelassen. Ein armenischer Kaufmann namens Johannes Deodat ließ sich inspirieren und eröffnete am 17. Jänner 1685 das erste Wiener Kaffeehaus, welches heutzutage leider nicht mehr existiert. Viele andere machten es ihm nach und im Zeitraum von 1700 bis 1819 wuchs die Anzahl der Kaffeehäuser von vier auf 150 Lokale, 25 davon in der Wiener Innenstadt – was den Ursprung der berühmten Wiener Kaffeehauskultur markierte. Schon bald gehörten die Kaffeehäuser zur Wiener Identität. Sie waren nicht nur ein Ort, an dem man stundenlang verweilte – also ein alternativer Wohn- und Arbeitsraum, sondern sie wurden zu einer besonderen Sehenswürdigkeit für Reisende. Sie waren außerdem zu einem unverzichtbaren Treffpunkt für Künstler:innen, Literat:innen und Intellektuelle – für Menschen, die, wie der Schriftsteller Alfred Polgar es ausdrückte, „zum Alleinsein Gesellschaft brauchen“. Hier fand ein reger geistiger Austausch statt: Es wurden literarische Texte vorgetragen und leidenschaftliche Debatten über Politik, Kunst und Wissenschaft geführt. Der in Wien geborene Schriftsteller Stefan Zweig beschrieb diese besondere Atmosphäre in seinem Buch “Die Welt von Gestern” treffend:

“Es stellt eine Institution besonderer Art dar, die mit keiner ähnlichen der Welt zu vergleichen ist. Es ist eigentlich eine Art demokratischer, jedem für eine billige Schale Kaffee zugänglicher Klub, wo jeder Gast für diesen kleinen Obolus stundenlang sitzen, diskutieren, schreiben, Karten spielen, seine Post empfangen und vor allem eine unbegrenzte Zahl von Zeitungen und Zeitschriften konsumieren kann.”

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren es vor allem Herrenrunden, die sich in den Kaffeehäusern versammelten – zum Billardspielen, Zeitunglesen, Schreiben, Diskutieren und Rauchen. Später wurden auch Damenkaffeehäuser eröffnet, in denen Frauen ihre Zeit entspannt mit dem Blättern von Zeitschriften oder bei einem ausgiebigen “Tratscherl” verbrachten. Diese Einrichtungen trafen aufgrund ihrer Zielgruppe allerdings zunächst auf Skepsis in der Wiener Gesellschaft.Mittlerweile haben sich die Zeiten aber geändert und das Wiener Kaffeehaus ist ein gesellschaftlicher Treffpunkt, an dem geplaudert, gelesen und gearbeitet wird und alle willkommen sind. Meist werden auch klassische Mehlspeisen wie Apfelstrudel oder die berühmte Sachertorte angeboten. Auch die traditionelle Atmosphäre lebt in vielen der älteren Cafés weiter – abends wird Klaviermusik gespielt oder es finden gesellschaftliche Veranstaltungen wie literarische Lesungen statt. Aufgrund dieser lebendigen Tradition sind die Wiener Kaffeehäuser seit 2011 auch Teil des UNESCO Weltkulturerbes.

Tipp: Die österreichische Kultur lässt sich nicht nur im Kaffeehaus erleben – entdecken Sie auch unsere anderen Blogbeiträge zu österreichischem Brauchtum und österreichischen Musikfestivals.

Welche Kaffeespezialitäten gibt es in Österreich?

Nicht nur die Kaffeehäuser selbst sind typisch für Österreich – auch einige klassische Spezialitäten wurden hier erfunden. In einem Wiener Kaffeehaus wählt man daher aus zahlreichen Kaffeekreationen und bestellt nicht einfach nur “einen Kaffee”.

Wiener Melange

Das vermutlich bekannteste Wiener Kaffeegetränk. Melange ist Französisch für “Mischung” und der zugehörige Kaffee entstammt einer Zeit, in der Frankreich und seine Sprache am Wiener Hof als überaus elegant und modisch galten. Zubereitet wird der Klassiker mit einem Espresso, 20 bis 50 ml Wasser und etwas Milchschaum, um den Rest der Tasse zu füllen.

Verlängerter

Die österreichische Variante des Americano und des italienischen Espresso Lungo. Aufgrund seines verhältnismäßig geringen Koffeingehalts – nur ein Shot Espresso, verdünnt mit 20 bis 50 ml Wasser – wird er gerne am Nachmittag genossen.

Kleiner/großer Brauner

Der kleine Braune mit einem einzelnen Shot Espresso und der große mit zwei – sie sind die österreichische Version des italienischen Espresso oder Espresso Doppio. Serviert werden sie mit einer separaten Kanne Milch oder Schlagobers, damit Gäste selbst wählen können, wie intensiv ihr Kaffee schmecken soll.

Mokka

Bestellt man in Österreich einen Mokka, bekommt man immer einen einfachen Espresso, optional mit bis zu 20 ml Wasser. Er ist allerdings keine rein österreichische Spezialität, denn es gibt ihn auch in der Türkei, in Griechenland und in Italien. Was jedoch eindeutig österreichisch ist, ist die Bezeichnung “kleiner Schwarzer”. Viele wissen nicht, dass es sich hierbei um denselben Kaffee handelt – und auch ein “großer Schwarzer” ist einfach ein doppelter Mokka.

Fiaker

In Wien kann man unter einem “Fiaker” zweierlei verstehen: Entweder eine traditionelle Pferdekutsche oder einen doppelten Mokka mit Zucker und einem Schuss Alkohol, den die Kutscher tranken, um sich auf langen Fahrten warmzuhalten – bevorzugt mit Sliwowitz, Kirschwasser oder Rum.

Biedermeier

Dieser Kaffeeklassiker wurde nach der Biedermeier-Epoche im 19. Jahrhundert benannt und wird, ähnlich wie der Fiaker, mit einem Schuss Alkohol zubereitet. Um ihn selbst zu kreieren, benötigt man einen doppelten Espresso, etwas Milch, einen Tupfer Schlagobers und zum Abschluss einen Schluck Marillenlikör.

Einspänner

Genau wie der Fiaker verdankt auch der Einspänner seinen Namen einer traditionellen Pferdekutsche, da deren Fahrer:innen ihn besonders gerne getrunken haben. Er besteht aus einem Espresso und einer üppigen Schlagobers-Haube, die das Abkühlen und Überschwappen des Kaffees auch auf kalten und holprigen Kutschenfahrten verhinderte.

Franziskaner

Man könnte meinen, diese Spezialität wäre eine Eigenkreation der Franziskanermönche – sie ist allerdings nur nach deren braunen Kutten benannt. Zubereitet wird sie aus einer mit etwas Wasser verlängerten Melange, heißer Milch und einem Häubchen Schlagobers.

Kapuziner

Dieser Kaffee ist ebenfalls nach Mönchen benannt und war die ursprüngliche Inspiration für den weltweit bekannten Cappuccino. Um ihn zuzubereiten, braucht man einen Espresso, 20 bis 50 ml Wasser und flüssigen Schlagobers – optional kann er auch mit Schlagobers-Haube serviert werden.

Das Glas Wasser zum Kaffee

Warum bekommt man immer ein Glas Wasser zum Kaffee? Das hat mehrere Gründe – und die sind historisch wie praktisch. Ursprünglich war das Wasserglas einfach als Ablage für den benutzten Löffel gedacht, wurde allerdings später zu einem Anzeichen für Qualität.

Mit der Eröffnung der I. Wiener Hochquellenleitung im Jahr 1873 – rechtzeitig zur Weltausstellung – bekam das Glas Wasser besondere Symbolkraft: Die Wiener Kaffeehäuser wollten zeigen, dass ihre Getränke nur mit dem besten Wasser gebraut wurden. Im beigestellten Glas zeigte sich die Reinheit und Frische des neuen Gebirgsquellwassers. Bis heute gehört es in Wien zum guten Ton, zum Kaffee automatisch ein Glas Wasser zu servieren – ein kleines, aber feines Detail.

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Egal, ob Sie lieber einen klassischen Mokka oder eine traditionelle Spezialität wie den Einspänner bestellen, mit diesen Grundlagen sind Sie optimal für Ihren ersten (oder nächsten) Besuch im Wiener Kaffeehaus vorbereitet. Übrigens: Wer im Kaffeehaus höflich bleiben will, ruft nicht nach der “Bedienung” oder dem “Kellner”. In Wien heißt es stilgerecht “Herr/Frau Ober” – der Wiener Charme hat nunmal seine eigenen Regeln. Und wer sich daran hält, wird vielleicht sogar mit einem gesitteten “gnädige Frau” oder “gnädiger Herr” bedient.

Sie möchten noch mehr über Sprache, Leute und Leben in Österreich erfahren? Auf unserem Blog haben wir jede Menge weiteren Lesestoff für Sie vorbereitet, von den bekanntesten österreichischen Schriftsteller:innen über die typisch österreichische Küche bis hin zu unseren besten Tipps zum Deutsch lernen. Viel Spaß beim Lesen!