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Tracht in Österreich

Tracht

Die harmonischen Klänge einer Ziehharmonika, fröhliches Stimmengewirr und ein Meer aus bunten Stoffen – so sehen viele Volksfeste und auch so manche Hochzeit in Österreich aus. Die Tracht ist ein wichtiger Teil der österreichischen Kultur und repräsentiert weit mehr als normale Kleidung: Sie ist ein Ausdruck von Stolz, Heimatgefühl und gelebter Tradition. Mit dem Ergebnis, dass heute über 800 verschiedene Arten von Tracht in der Alpenrepublik getragen werden. Warum das so ist und was die traditionelle Kleidung so besonders macht, verraten wir Ihnen hier.

Woher kommt die österreichische Tracht?

Was heute als Ausdruck von Tradition, Zugehörigkeit und sogar Modebewusstsein gilt, war früher ganz einfach das alltägliche Arbeitsgewand. Das spiegelt auch die ursprüngliche Bedeutung des Wortes wider, denn “Tracht” stammt vom altdeutschen Draht(a) und bedeutet so viel wie “das Tragen” oder “das, was getragen wird”. Historisch gesehen gab es also keinen Unterschied zwischen den Worten für Gewand und Tracht.

Das Tragen von Tracht lässt sich in der ländlichen Bevölkerung bis ins späte Mittelalter zurückverfolgen. Schon damals verriet die Kleidung viel über den Menschen, der sie trug: Regionale Unterschiede und Kleidungsvorschriften bestimmten das Gewand der mittelalterlichen Österreicher und spiegelten auch die soziale Schicht wider.

Aber wie entwickelte sich daraus unsere heutige traditionelle Tracht? Dafür ein historischer Blick auf die zwei wohl bekanntesten Kleidungsstücke: Die Lederhose und das Dirndl.

Das Dirndl

Das Dirndl beruht auf einem bewährten und praktischen Konzept: Es besteht aus einem Kleid – bis ins 20. Jahrhundert das Alltagsgewand der Frau – und einer Schürze. Während das Kleid oft über längere Zeit getragen wurde, diente die Schürze als Schutz und wurde regelmäßig ausgetauscht, da sie den Großteil der alltäglichen Verschmutzungen abbekam. Vor allem beim Arbeiten auf dem Feld oder im Haushalt war sie unverzichtbar, denn sie schützte nicht nur das Kleid, sondern machte es auch möglich, sich schnell die Hände abzuwischen.

Das Dirndl, wie wir es heute kennen, entstand jedoch erst in den 1930er-Jahren. In dieser Zeit rückte die weibliche Silhouette stärker in den Vordergrund, die Funktionalität der Kleidung verlor zunehmend an Wertigkeit. Aus der einst schlichten Arbeitskleidung entwickelte sich ein modisches und zugleich traditionelles Kleidungsstück, das heute vor allem auf Volksfesten, bei manchen Hochzeiten, zum Kirchgang und dem Besuch beim Heurigen getragen wird.

Schon gewusst? Der Begriff “Dirndl” leitet sich vom mittelhochdeutschen “dierne” ab, was “Mädchen” oder “junge Frau” bedeutet. Auch heute werden junge Mädchen in vielen deutschsprachigen Regionen noch “Dirn”, “Dirne” oder ”Dirndl” genannt.
Die Lederhose

Kaum ein anderes Material blickt auf eine so lange Tradition in der Herstellung von Kleidung zurück wie Leder. Lederhosen wurden aufgrund ihrer Strapazierfähigkeit sowohl von Männern als auch Frauen bei schwerer körperlicher Arbeit getragen. Meist wurde das Leder von domestizierten Tieren verwendet, denn die Jagd auf Wildtiere war bis ins 19. Jahrhundert dem Adel vorbehalten. Im Laufe der Zeit verschwand Leder als Material für Arbeitshosen mehr und mehr und wurde durch Hosen aus Loden – einem schweren Wollstoff – ersetzt.

Im Jahr 1883 gründete ein Lehrer aus Bayern – um die heimische Tracht auch für künftige Generationen zu bewahren – den ersten bayerischen Trachtenverein. Dieser wandte sich schriftlich an König Ludwig II., der daraufhin alle Kreis- und Bezirksämter aufforderte, ebenfalls Vereine zur Erhaltung der Tracht ins Leben zu rufen. Diese Begeisterung für Tradition fand auch im österreichischen Kaiserhaus Anklang. So wandelte sich die Lederhose von einer aussterbenden Arbeitshose zur regionalen Festtagstracht. Jedoch wurde sie erst nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Aufschwung des Alpentourismus zu einem bekannten Symbol für Bayern und Österreich.

Schon gewusst? Kaiser Franz Josef I. war ein großer Liebhaber von Lederhosen – so sehr, dass der bekannte Salzburger Trachtenhersteller Jahn-Markl eine eigene Farbe für ihn entwarf: Altschwarz, eine bis heute bekannte und beliebte Lederhosen-Farbe.

Trachtenmode heute: zwischen Tradition und Trend

Trachtenmode bleibt lebendig und wandelt sich stetig: Moderne Dirndl und Lederhosen reflektieren die aktuellen Modetrends. Besonders Dirndl variieren stark bei Schnitten, Farben und Accessoires. Früher galten lange Dirndl als angemessen für elegante Anlässe. Heute trägt man bevorzugt knielange Modelle, noch kürzer darf es auf Kirtagen, Volksfesten und der Wiesn zugehen. Viele besitzen auch mehrere Dirndl oder Lederhosen, um je nach Anlass – oder einfach für mehr Abwechslung – das passende Outfit zusammenzustellen. Trotz aller modischen Entwicklungen bleibt Tracht in Österreich auch im Alltag präsent: In manchen Landwirtschaften, Restaurants oder Hotels wird sie weiterhin gerne als Arbeitskleidung getragen.

In welchen Bundesländern trägt man Tracht?

In nahezu jeder Region Österreichs gibt es eigene, oft sehr detailreiche Trachten, die lokale Geschichte, Handwerk und Identität widerspiegeln. Die Vielfalt reicht von schlichten Alltagstrachten bis zu prachtvollen Festtagsensembles – hier ein Überblick über die wohl bekanntesten:

Bregenzer Juppe

Im Bregenzer Wald begegnet man der ältesten Tracht des Alpenraums, die seit 2021 zum UNESCO Kulturerbe gehört: Die Juppe, eine traditionsreiche Frauentracht, deren Ursprünge bis ins späte 15. Jahrhundert zurückreichen. Charakteristisch für die Juppe ist der kunstvoll gearbeitete Rock mit 500 bis 600 Falten, der in Kombination mit einem roten oder schwarzen Mieder und einem gold bestickten Stecktuch im Ausschnitt getragen wird. Ergänzt wird das Ensemble durch einen schwarzen Lackgürtel mit einer goldenen Schnalle, der mittig am Rücken sitzt. Für die Kopfbedeckung gibt es verschiedene Optionen: Unverheiratete Mädchen tragen eine Goldflitterkrone – das “Schappale” – während man zum Kirchgang eine Spitzkappe trägt.

Gailtaler Tracht

Die Untergailtaler Frauenfesttracht hebt sich deutlich von den sonst eher dunklen und langen Kärntner Festtrachten ab. Typisch sind ein kurzer Unterrock und ein aufwändig gestalteter, gestärkter Rock aus zwölf Metern Stoff, kombiniert mit einer Leinenbluse mit gebauschten Ärmeln und V-Ausschnitt. Dazu trägt man zwei Schürzen – eine kleine dunkle und eine große gemusterte –auffällige Strümpfe und bestickte Schnürstiefel. Als krönender Abschluss werden noch ein Seidenkopftuch, ein Brusttuch und ein verzierter Ledergürtel hinzugefügt.

Im Gegensatz dazu wird die Männertracht eher simpel gehalten: Typisch ist ein weißes Leinenhemd mit bauschigen Ärmeln und rotem Hexenstich am Kragen, kombiniert mit einem hochgeschlossenen Gilet mit Silberknöpfen. Ein buntes Seidentuch wird über dem Gilet gebunden. Dazu trägt man eine knielange Lederhose in Schwarz oder Braun sowie hohe Schaftstiefel. Die Kopfbedeckung ist ein breiter schwarzer Schlapphut mit gedrehter Schnur und Schopf.

Kalmuckjanker

Der grobe Wollstoff der Kalmuckjanker aus der Wachau und dem Weinviertel in Niederösterreich hat eine interessante Geschichte: Angeblich wurder er um 1730 von einem westmongolischen Volk als Satteldecke nach Österreich gebracht. Schiffer, Flößer und Steinarbeiter verarbeiteten die robusten Stoffe zu Jacken, die sie bei der Arbeit trugen. Diese Männertracht wurde dann von Winzern in der Wachau übernommen. Bis heute ist der Kalmuckjanker an seinem typischen Muster erkennbar und wird zusammen mit weißem Baumwollhemd, schwarzer Hose und einem schwarzen Hut mit Steinfeder-Busch getragen.

Ausseer Tracht

Die Ausseer Männertracht zeichnet sich durch den sogenannten Spenzer aus – eine kurze Jacke aus dunkelgrünem Tuch oder grauem Loden mit grünen Verzierungen an Kragen, Ärmeln und Taschen. Die heute übliche Form, der Hohenlohe-Spenzer, wird mit zwei silbernen Knöpfen und einem Silberkettchen geschlossen und traditionell zu einer kunstvoll bestickten Lederhose getragen. Ergänzt wird die Tracht durch grüne, zopfgestrickte Wollstrümpfe und einen schwarzen Ausseer Hut, der heute meist mit Spielhahnfeder, Gamsbart oder Radlbart geschmückt ist.

Das Ausseer Dirndl besteht aus einer weißen Bluse, einem grünen Leinenmieder mit sieben Silberknöpfen, einem rosa Baumwollrock und einer violetten Schürze mit feinem Blumen- oder Streifenmuster. Zur vollständigen Tracht gehören weiße Baumwollstrümpfe, ein handbedrucktes Seidentuch mit Fransen, Silberschmuck und ein schwarzer Hut. Bei kühlem Wetter wird das Dirndl oft mit einem Spenzer ergänzt – gegen Regen schützt der traditionelle Wetterfleck, ein ärmelloser Umhang aus dunklem Loden.

Wie trägt man Tracht?

Die zahlreichen regionalen Trachten folgen jeweils eigenen Regeln, die genau festlegen, welche Accessoires zum traditionellen Gewand gehören. Früher waren Schuhe, Kopfbedeckungen und Co. auch für einfache Dirndln und Lederhosen genau vorgeschrieben. Heute ist die Auswahl freier denn je – jede:r kann tragen, was gefällt. Für alle, die sich dennoch an die Tradition halten möchten, folgt hier eine kurze Übersicht der urtypischen Accessoires für Dirndl und Lederhosen.

Wie trägt man eine Lederhose richtig?

Im Gegensatz zum Dirndl sollte eine Lederhose nie gewaschen werden. Gebrauchsspuren in Form von Flecken, Abreibungen und einer gewissen Patina gehören zum Look. Authentisch abgerundet wird dieser mit folgenden Accessoires:

  • Haferlschuh – ein traditioneller Lederschuh mit dekorativer Seitenschnürung
  • Trachtenhemd – meist rot, blau oder grün kariert
  • Loferl – gestrickte Wadenwärmer, die mit oder ohne Socken getragen werden können. Sie dienten zum Verdecken der nackten Haut.
  • Stutzen – lange, gestrickte Socken, die bis kurz unters Knie gehen und wie Loferl mit kurzen Lederhosen getragen werden.
  • Trachtenmesser – das wohl wichtigste Accessoire zur Lederhose. Meist ein verziertes Messer mit einem Griff aus Holz oder Geweih, heutzutage aber auch oft durch ein reguläres Taschenmesser ersetzt.
  • Janker – eine Jacke aus gefilzter Schafwolle, meist grau oder grün mit Knöpfen aus Metall oder Horn.

Wie trägt man ein Dirndl richtig?

Wie so oft in der Mode, steht Damen eine besonders große Auswahl an verschiedenstem Schuhwerk, Blusen und abwechslungsreichen Schmuck zur Verfügung:

  • Hirschkogelschuh – ein traditioneller Damenschuh mit Absatz, meist aus Rauleder gefertigt.
  • Haferlschuh – aus weicherem Leder gefertigt und schlanker geschnitten als der Herrenschuh, häufig mit einer leicht aufgebogenen Spitze versehen.
  • Dirndlbluse – in vielen verschiedenen Schnitten und Ausführungen erhältlich. Egal ob kurze oder lange Ärmel, schlicht oder kunstvoll mit Spitzenbesatz, Richtig oder Falsch gibt es hier nicht. Meist trägt man sie in Weiß, gelegentlich auch in Schwarz.
  • Halsketten: Diese traditionellen Schmuckstücke bestehen oft aus kürzeren Ketten oder Kropfbändern, die mit Herzen, Perlen oder alpenländischen Symbolen verziert werden – eine besonders beliebte Option ist dabei das Edelweiß.

Symbolik: Was kann ein Dirndl aussagen?

Heutzutage kann jeder die Farben und den Stil seiner Tracht frei wählen. Trotz moderner Stilrichtungen sind bestimmte Farbtöne dennoch oft mit Gefühlen, regionalen Besonderheiten der Natur oder den Farben von Orts- und Landeswappen verbunden.

So kann man beispielsweise mit einem roten Dirndl Leidenschaft, Liebe und Selbstbewusstsein zeigen. Blau steht für Treue und Beständigkeit, während Grün Hoffnung und Naturverbundenheit verkörpert – beide sind klassische Dirndlfarben. Schwarz wird zwar traditionell auch beim Dirndl als Trauerfarbe getragen, kommt aber auch gerne als elegante Option für festliche Anlässe zum Einsatz. Rosa und zarte Pastellfarben, die sich vor allem in den letzten Jahren am modischen Parkett etabliert haben, symbolisieren typischerweise Verspieltheit und Romantik.

Übrigens: Die Farbe eines Dirndls kann auch oft auf die Herkunft hinweisen: So stehen Blau für Regionen mit großen Gewässern, Grün für wald- und wiesenreiche Landschaften, Rosa für die alpinen Almröschen und dunkles Violett für Gegenden, in denen der Enzian wächst.

Schon gewusst? Mit einer einfachen Schleife der Dirndlschürze kann man so einiges über den Beziehungsstatus verraten. Wird die Schleife links gebunden, ist die Dame Single. Bei verheirateten Frauen sitzt die Schleife üblicherweise auf der rechten Seite des Körpers, während Witwen ihre Schürze hinten am Rücken festbinden.

Ob schlicht oder prachtvoll, modern interpretiert oder streng nach Tradition getragen – die österreichische Tracht bleibt das ultimativ modische Symbol für Heimat und kulturelle Identität. Sie verbindet Generationen, erzählt Geschichten und spiegelt die Besonderheiten jeder Region wider. Kein Wunder also, dass sie bis heute mit Stolz getragen wird!

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